noyb reichte heute eine Reihe von Beschwerden gegen mehrere deutsche Parteien ein. Die Parteien hatten während der Bundestagswahl 2021 Microtargeting auf Facebook genutzt, um potenzielle Wähler:innen ausfindig zu machen und ihnen personalisierte Wahlversprechen auszuspielen. Politische Meinungen sind in der DSGVO allerdings besonders geschützt, das Vorgehen der Parteien ist daher rechtswidrig und birgt erhebliche Gefahren für die Demokratie und für die Privatsphäre von Wähler:innen.
- Beschwerde gegen die CDU
- Beschwerde gegen die AFD
- Beschwerde gegen die SPD
- Beschwerde gegen Bündnis 90/Die Grünen
- Beschwerde gegen DIE LINKE
- Beschwerde gegen die Oekologisch-Demokratische Partei
Alle Parteien im Bundestag nutzen Microtargeting. Recherchen des ZDF Magazin Royale hatten ergeben, dass alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, bei der Bundestagswahl 2021 auf Facebook politisches Microtargeting nutzten, um Werbungen gezielt an eine ausgewählte Personengruppe zu richten. Wie genau die Parteien ihre Wähler:innen „targeten”, hält Facebook geheim. Im April 2021 wurden die Zuschauer:innen des ZDF Magazin Royale aufgerufen, sich eine Browsererweiterung zu installieren, um die Microtargeting-Daten zu protokollieren. Nach einem Auftritt von Max Schrems im ZDF Magazin Royale haben zahlreiche Personen eingewilligt, noyb ihre Daten zu übergeben, damit konkrete DSGVO Verstöße und Musterfälle gefunden werden konnten.
Verstoß gegen Nutzung sensibler Daten. noybs Datenauswertung hat ergeben, dass bei der deutschen Bundestagswahl 2021 Facebook-User gezielt mit politischer Werbung adressiert wurden. Dies sei per se zwar nicht verboten. Allerdings wurden die Nutzer:innen ausgewählt, weil Facebook im Hintergrund deren politische Ansichten ausgewertet hatte - damit hatten sowohl die Parteien, als auch das soziale Netzwerk gegen die DSGVO verstoßen. Politische Meinungen sind nämlich nach Art. 9 DSGVO besonders geschützt. Die Beschwerden wurden gegen verschiedene Parteien oder Teilorganisationen eingebracht, da diese für die Werbeanzeigen verantwortlich sind.
„Die DSGVO schützt Daten zur politischen Einstellung von Personen besonders streng. Solche Daten sind nicht nur extrem sensible, sondern erlauben auch großflächige Manipulation von Wählern, wie Cambridge Analytica gezeigt hat.“ – Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei noyb
Microtargeting als Gefahr für die Demokratie. Eine der größten Gefahren von politischem Microtargeting besteht darin, dass die Meinungsbildung von Wähler:innen beeinflusst werden kann. Politische Parteien können spezifischen Wähler:innengruppen unzählige geheime Versprechungen machen, die für alle anderen gar nicht wahrnehmbar sind. So können ganz unterschiedliche Erwartungen entstehen, denen die Politik niemals gerecht werden kann. Die Folge ist eine Polarisierung der Gesellschaft und einzelne Parteien können sich durch widersprüchliche Versprechen Vorteile im Wahlkampf erschaffen.